Freitag, 3. September 2010


Die Treppenstraße, Deutschlands erste gebaute Fußgängerzone, und der Vorplatz des ehemaligen Hauptbahnhofes stehen für den „Neustart“ Kassels zu Beginn der 50er Jahre.

Die Idee eines durchgängigen Stadtraumes - vom ehemaligen Hauptbahnhof über den Friedrichsplatz bis hinunter zur Karlsaue - verbindet diese für Kassel typischen Orte, die in die Jahre gekommen sind und längst ihre Strahlkraft von damals verloren haben.

Durch die weitgehende Zerstörung der Kasseler Innenstadt im 2. Weltkrieg konnte relativ frei durch ehemalige städtebauliche Strukturen hindurch geplant werden. Erste Planungen für die Achse „Treppenstraße“ durch die Altstadt bestanden bereits im 19. Jahrhundert und später in den 30er Jahren, als Kassel zur Gauhauptstadt ausgebaut werden sollte. Der Neubau des ICE-Bahnhofs im Westen der Stadt 1991, der damit einhergehende Bedeutungsverlust des ehemaligen Hauptbahnhofs und die Entwicklung der Königsstraße zur dominanten Einkaufsmeile der Kasseler Innenstadt führten zu einem Versiegen der Fußgängerströme auf der Treppenstraße. Die meisten Lokale fristen heute hier ein Schattendasein.

Der ab 1991 „abgehängte“ Hauptbahnhof wurde im Jahre 1995 grundlegend saniert und bisher einzigartig als „Kulturbahnhof“ neu konzipiert. So entstanden neben Kunstgalerien, dem Kasseler Architekturzentrum und Gastronomie eine Ausstellungsfläche für komische Kunst, die Caricatura, und zwei Programmkinos. Zur documenta X, 1997, eröffneten sich durch die Räume des Südflügels neue Ausstellungsflächen für die Weltkunstschau und die freie Kunstszene.

Das Jahr 2007 brachte dem Kasseler Hauptbahnhof einen großen Bedeutungszuwachs für den Regionalverkehr der gesamten Region. Der Bahnhof wurde für die RegioTram untertunnelt und bildet nun den zentralen Schnittpunkt zwischen den Regional- und Straßenbahnnetzen in Kassel.

Der Platz vor dem Kulturbahnhof hat 2009 ein „Facelifting“ erhalten, aber noch fehlt es hier an Impulsen, neuen Nutzungen und Aktivitäten, um das Bahnhofsviertel und die Verbindung zur Innenstadt wieder in Gang zubringen und auch die Treppenstraße wieder zu ihrem Glanz zu verhelfen.

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Zwei Postkarten mit unterschiedlichen Motivausschnitten: Auf der einen Karte der Schriftzug „Stadtbad Mitte“ mit den Türmen der Martinskirche im Hintergrund, auf der anderen ein Ausschnitt des Fuldaufers mit dem Ausflugsdampfer „Stadt Kassel“. Was haben diese Postkartenmotive gemeinsam?

Das Stadtbad Mitte an der Kurt-Schumacher-Straße wurde 1967 als modernstes Hallenbad im Stadtgebiet eingeweiht. Ursprünglich als medizinisches Bad geplant, entwickelte es sich zu einem wettkampfgerechten Sportbad und schließlich zu einem Familien- und Freizeitbad in zentraler Lage. Architektonisch ist das Gebäude geprägt durch die markante Form der Schwimmhalle und eine Transparenz, die ungewöhnliche Ein- und Ausblicke in bzw. aus dem umgebenden Stadtraum gewährt.

Gegenwärtig werden die Hallenbäder Ost und Mitte zugunsten des geplanten Neubaus eines Kombibades am Auedamm aufgegeben. Dem Stadtbad Mitte steht nun der Abriss bevor.

Hier zeigen sich die Schnittstellen der unterschiedlichen Postkartenmotive: Orientiert zur Fulda, eingebettet in die Flusslandschaft, einsehbar von der neu gestalteten Fuldapromenade und vom Ausflugsdampfer von der Flussseite, liegt der geplante Freizeitstandort prominent an der Fulda – weit weg vom Stadtzentrum.

Aus dieser Standortverschiebung entstehen viele Fragen: Was wird aus dem Areal des ehemaligen Stadtbades? Kann die alte Schwimmhalle umgenutzt werden? Sollten hier öffentliche Freizeitangebote, insbesondere für Kinder und Jugendliche, ein Gegengewicht zu den benachbarten Einkaufszentren schaffen? Oder vielleicht doch noch mehr Shopping...?

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Was haben der 1415 erbaute Druselturm und das seit Jahren leer stehende Firmengebäude Karl & Co am Königstor aus den 50er Jahren gemeinsam? Auf den ersten Blick gibt es weinig Gemeinsamkeiten. Doch der Schein trügt.

Der 44 Meter hohe Druselturm an der Hedwigstraße in der Innenstadt ist eines der wenigen in Kassel erhaltenen mittelalterlichen Bauwerke. Der Turm mit 9m Durchmesser und bis zu 2,75m starken Außenwänden ist ein Relikt der Kasseler Stadtbefestigung, die bereits im 18. Jh. abgetragen wurde. Ursprünglich diente das Bauwerk als Wehrturm, später als Gefängnis. Landgraf Philipp der Großmütige, der selbst fünf Jahre in kaiserlicher Gefangenschaft gesessen hatte, ließ in die Verliese des Turms eine Heizung einbauen. Später wurde der Turm als Räucherkammer und Materiallager benutzt. Nach dem 2. Weltkrieg war er sogar ein Fotoatelier.

Was der Druselturm bereits über Jahrzehnte mitmachen musste, nämlich gravierende Änderungen der Gebäudenutzung (vom stolzen Wehrturm zur Räucherkammer), steht dem ehemaligen Firmengebäude am Königtor noch bevor.

Der Umbau der Stadt, seiner Gebäude, seiner technischen Infrastruktur und seiner öffentlichen Räume ist ein permanenter, nicht aufzuhaltender Vorgang. Das, was vor kurzem noch bauliches Zeichen einer Epoche war, ist schon bald nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Das kann bitter sein, aber die Verschiebung der Nutzungsanforderungen an die gebaute Umwelt bietet ebenso Chancen. Ein Elektrogroßhandel in der Kasseler Innenstadt, das passt heute einfach nicht mehr. Stattdessen könnte sich einiges am Königstor tun, es fehlt nur noch an Ideen und Akteuren. Das Königstor ist schon längst die Fahrradroute in den Westen der Stadt, die Friedrich-Ebert-Straße und das ganze Quartier werden sich entwickeln.

Und sollte nicht auch der Druselturm endlich wieder einer adäquaten Nutzung zugeführt werden?

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Die Postkartenausschnitte der Waschbetonfassade des Parkhauses Garde du Corps und der 50er-Jahre-Flair der Häuser am Entenanger zeigen zwei unterschiedliche Beispiele des „Wiederauf-/Umbaus“ der Innenstadt. Historische Strukturen wurden überformt und sind heute nicht mehr zu erkennen. Gemeinsam haben beide Orte, dass sie zentrale Orte der Innenstadt sind, die große Entwicklungspotentiale besitzen und dennoch ein Schattendasein fristen.

Das Parkhaus an der Fünffensterstraße liegt als logische Folge der Kasseler Verkehrsplanung am Cityring in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone und hat somit einen aus funktionaler Sicht gut gewählten Standort. An den historischen Garde du Corps-Platz, der mit seiner dreieckigen Form den Übergang zwischen Innenstadt und Stadterweiterung formulierte, erinnert nur noch der Name. So praktisch das Parkhaus an dieser Stelle aus funktionaler Sicht ist, so fragwürdig ist seine städtebauliche und architektonische Qualität. Die rohe 70er-Jahre-Architektur wertet diesen markanten Ort der Kasseler Innenstadt ab und macht eine zentrale Verbindung zum Vorderen Westen für Fußgänger und Fahrradfahrer zu einem Nadelöhr.

Der Wiederaufbau der zerstörten Altstadt überformt die historischen Strukturen ehemals enger Gassen und dicht bebauter Wohnblöcke mit neuen Straßen, Plätzen und einer zeilenartigen Blockrandbebauung. Die noch heute beinahe durchgehend erhaltene, schlichte Bebauung aus den 50er Jahren prägt die Erscheinung des Viertels am Entenanger. Wo in anderen Städten bei ähnlich guten Lagen - zwischen Innenstadt und Fuldaufer - moderne Stadtviertel mit attraktiven Wohnungen, Geschäften und Gastronomie entstehen, kommt hier eine Entwicklung nur mühsam in Gang.

Sollte das Parkhaus verschwinden oder lässt sich seine Funktion mit anderen Nutzungen kombinieren? Genügt etwas Fassadenkosmetik, um den Eingangs- und Endpunkt der Neuen Fahrt aufzuwerten oder soll gar der historische Platz wiederhergestellt werden?

Sollte die Entwicklung am Entenanger forciert werden oder ist die Beschaulichkeit des Viertels gar eine Qualität? Ist die homogene Bebauung bereits heute historisch schützenswert oder sollte der Umbau zu einem zukunftsfähigen „Null-Energie-Quartier“ in Angriff genommen werden?

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Nur einige hundert Meter Luftlinie liegen zwischen dem Empfangsgebäude des ehemaligen Hauptbahnhofs und dem Colonia-Haus an der Friedrich-Ebert-Straße.

Die Gebäude stehen sinnbildlich für den Wandel Kassels in den vergangenen fünfzehn Jahren. Auf der einen Seite: Der neue Kulturbahnhof, als Standort der lokalen Kulturszene mit seinem positiven Impuls auf die Entwicklung des Bahnhofsquartiers. Auf der anderen Seite spiegelt das Colonia-Haus den schleichenden Niedergang der einst lebendigen, von Einzelhandelsgeschäften geprägten Friedrich-Ebert-Straße wider.

Das in den 1970er Jahren gebaute Colonia-Haus gehört zu den Gebäuden in Kassel, die - wenn es um die Bewertung ihrer ästhetischen und stadträumlichen Qualitäten geht - nur einen kleinen Kreis von Fürsprechern besitzen.

Es hat nicht den Charme und die feine Materialität vieler Gebäude aus den 50er Jahren. Zusammen mit den „Hochhäusern“ der Brandkasse am Bahnhof und der EAM an der Treppenstraße ist es jedoch auch heute noch ein wichtiger Orientierungspunkt der wieder aufgebauten Innenstadt.

Eine neue Nutzung, die den „toten Kasten“ zu neuem Leben und ungeahnter urbaner Ausstrahlungskraft verhelfen könnte, wäre ein echter Impuls für die Entwicklung der Friedrich-Ebert-Straße.

Dass sich eine positive Entwicklung nicht an allen Stellen gleichzeitig vollzieht, dafür steht das 1956 errichtete Empfangsgebäude des ehemaligen Hauptbahnhofes. Während sich der Bahnhof mit neuen Nutzungen füllt, der Vorplatz neu gestaltet ist und sich das Quartier entwickelt, wartet die Fassade auf eine dringend notwendige Frischzellenkur.

Wird ein Gebäude durch eine lebendige Nutzung schöner?

Würdest du gern im 8. Obergeschoss mit Blick über Kassel wohnen,

arbeiten... oder mit deinem Besuch aus Bebra dort im Restaurant zu Mittag essen?

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Viele Kasseler werden die beiden hier dargestellten Motive kennen. Nicht sofort, aber bei genauerem Hinsehen.

Zum einen das Treppenhaus des Verwaltungsgebäudes der AOK am Friedrichsplatz/ Ecke Schöne Aussicht, zum anderen die Unterführung an der Trompete Frankfurter Straße/ Ecke Fünffensterstraße. Das Gebäude der AOK, gebaut 1956-57 von Konrad Proll steht mittlerweile aufgrund seiner künstlerischen und städtebaulichen Qualitäten unter Denkmalschutz, die Unterführung aus etwa der gleichen Bauzeit kurz vor dem Abriss.

Zwei Gesichter einer Stadt treten hier zutage: Auf der einen Seite die elegante, sich leicht emporschwingende Treppe des AOK-Hauses, die seit der documenta 1992 zusätzlich noch durch eine Klanginstallation des Künstlers und Musikers Max Neuhaus (1939-2009) bereichert wird. Die übereinander liegenden Ebenen des Treppenhauses werden durch unterschiedliche Klänge erfahrbar gemacht und damit differenzierte Atmosphären geschaffen. Max Neuhaus war einer der Protagonisten dieser Kunstform, die Musik und bildende Kunst zu einem räumlich und sinnlichen Ereignis miteinander verbindet.
Auf der anderen Seite das nüchterne funktionale Bauwerk einer Fußgängerunterführung, das zwar praktisch, aber nicht ansprechend ist.

Das Auf und Ab städtischer Entwicklungen symbolisieren diese beiden Bilder mit ihren Motiven greifbar, fast wörtlich. Die schön geschwungene Treppe im AOK-Gebäude wurde erst nach der Zerstörung der historischen Innenstadt möglich, gleichzeitig wurde die ungelenke Unterführung gebaut, deren Funktion heute schon nicht mehr gebraucht wird.

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Pressemitteilung in der Kassel- Zeitung

Die vorgestellten Karten sind Teil einer Aktion, bei der die Bürger Kassels mit Verwaltung und Planern über die Qualitäten ihrer Stadt diskutieren können. Unbekannte und nicht erkannte Seiten von Kassel werden durch eine Serie von Postkarten sichtbar gemacht und ins Bewusstsein gerufen. Die beschriebenen Karten sind Teil von 2 Postkartenserien mit insgesamt 12 Postkarten. 6 Karten stehen für das unerwartet charmante Kassel - 6 Karten zeigen Schwachstellen. Die Motive, aufgenommen von auswärtigen Gästen, zeigen die Vielfalt Kasseler Szenen neben Bergpark, Karlsaue und Herkules.

Die Karten können gesammelt werden, sie warten aber eigentlich darauf, verschickt zu werden – an Freunde in aller Welt und, wenn das Motiv dazu anstiftet, an das Kasseler Rathaus. Alle Vorschläge, unsere Stadt anziehender und lebenswerter zu machen, sind erlaubt.

Der Dialog der Bürger mit der Stadtverwaltung ist ein gewünschter Teil der Aktion.